Sollte man Hannes Metz spontan und in knappen Sätzen beschreiben, wäre vermutlich das Wort „besonnen“ dabei. Er wirkt, als ruhe er ganz in sich, als habe er die seltene Gabe, das Tosen und Lärmen der Welt buchstäblich draußen zu lassen.
Es braucht schon etwas Fantasie, sich diesen Mann, der so still und zurückhaltend erscheint, bei der Arbeit mit Kreis- und Kettensäge, mit Bohrmaschine und Winkelschleifer vorzustellen. Doch genau diese Werkzeuge braucht Hannes Metz für seine Kunst, und er benutzt sie gern, bearbeitet damit Holz und Blech, Glas und Metall.
„Es ist ein gutes Gefühl, die schweren Gerätschaften in der Hand zu halten“, sagt der Roßdorfer und fügt mit einem Schmunzeln an: „Das Gleichgewicht ist ein großes Thema in meiner Kunst.“ Gleichgewicht herstellen mit schweren Maschinen? Aus sperrigem Material leichte und filigrane Objekte erschaffen? Das klingt etwas, als wolle er sich an der Quadratur des Kreises versuchen. „Gleiche oder ähnliche Elemente in Balance zu bringen, ist nicht allzu schwierig. Gegensätzliches auszugleichen, den Kontrast aufzuheben – das ist die große Herausforderung“, sagt der Künstler.
So wirken die schwebenden Spiralen aus Metall, die nur an einem winzigen Punkt auf einem dünnen Stab aufliegen, fast so, als hätte Hannes Metz mit seinen Kunstwerken die Schwerkraft aufgehoben – nicht nur physisch, sondern auch gedanklich. Seine Kunst bedarf keiner Erläuterung, sie ist vielmehr das, was Kunst stets sein sollte: frei. Metz lässt seine Objekte wirken, und sie verfehlen ihre Wirkung selten. Lässt man sich auf seine Werke ein, ist es, als würde ein Fenster zu einer neuen Wahrnehmung aufgestoßen.
Die Arbeiten des Künstlers sind nicht gefällig, und gerade das wirkt wohltuend. Eines sind die Kunstwerke jedoch alle: Ausdruck seiner Persönlichkeit. „Niemand anders hätte sie je so gemacht“, sagt Hannes Metz, der mit den anderen Künstlern des Roßdorfer Vereins „Kunst von uns“ regelmäßig im alten Bahnhof ausstellt. „Auch ich hätte sicher andere Werke geschaffen, hätte ich mich zum jeweiligen Zeitpunkt in einer anderen Lebenslage oder schlicht in einer anderen Stimmung befunden.“
Der Versuch, Gegensätzliches in ein Gleichgewicht zu bringen, ist die Basis seiner Arbeitsweise. In jedem Objekt verknüpft Metz solides Handwerk mit dem freien künstlerischen Schaffen. Dass sich der gelernte Schlosser überhaupt der Kunst zuwandte, ist seiner zweiten Heimat zu verdanken, die er mit seiner Frau Silvia in Roßdorf fand. „1986 kauften wir hier ein altes Fachwerkhaus. Dessen verwitterte Balken waren voller Leben. Sie erzählten Geschichten“, sagt er.
Aus dieser Erkenntnis entstand der Zyklus „Exegese 1827“, wobei die Zahl das Baujahr des Fachwerkhauses angibt, die Exegese zur Interpretation einlädt. „Natürlich steckt eine Aussage, eine Bedeutung in meinen Arbeiten“, sagt Metz. „Doch jedem Betrachter steht es frei, darin etwas ganz anderes zu sehen, ein ganz anderes Gefühl dabei zu entwickeln. Das ist für mich stets eine Bereicherung.“ Sein Zyklus enthält mittlerweile etwa 100 Arbeiten. Bei seinen Einzelausstellungen ist ein verkohlter Holzstamm immer dabei. „Memento mori“ heißt er. Objekt und Titel haben in diesem Fall eine klare Aussage. „Das morbide Holz soll daran erinnern, dass alles vergänglich ist“, sagt Hannes Metz.
Vergangen sind auch manche Etappen im Leben des Künstlers – mal der eigenen, mal der gesellschaftlichen Entwicklung geschuldet. So ist das Hüttendorf der Startbahn-West-Gegner, zu dessen Bewohnern er gehörte, längst Geschichte. Auch die Friedensgruppe, die sich in den 1980er Jahren gegen die Stationierung der US-amerikanischen Pershingraketen in Westeuropa richtete, gibt es nicht mehr. Er selbst verweigerte bei der Bundeswehr zunächst das Gelöbnis, holte es jedoch nach, um als Vertrauensmann arbeiten zu können. Nachträglich verweigerte Hannes Metz sogar den Kriegsdienst. Nach wie vor seien Bedrohungen und Ungerechtigkeiten da, die Gegenbewegungen fehlten jedoch.
Das Solidarische jener Zeit habe ihn und nicht zuletzt seine Kunst geprägt. Eine weitere Lebensphase hebt Hannes Metz besonders hervor. „Anfang der 1990er Jahre habe ich dann für die Deutsche Entwicklungshilfe in Nicaragua gearbeitet. Dort kam auch mein Sohn Mario zur Welt.“ Deutschland zu verlassen, sei einfacher gewesen, als aus dem lateinamerikanischen Land in die Heimat zurückzukehren. „Nach vier Jahren in Nicaragua war es schwierig, sich in die bis ins Kleinste regulierten deutschen Strukturen wieder einzufinden“, erinnert er sich. „Es gibt für mich daher ein Leben vor und nach dieser Zeit.“
Auch 20 Jahre nach seinem Aufenthalt in Nicaragua hält er noch eine private Verbindung dorthin. Der Darmstädter Werkhof – ein sich selbst verwaltender Betrieb, ohne die üblichen internen Hierarchien – ist das zweite prägende Element im Leben des Künstlers. „Der Werkhof, in dem wir mit Jugendlichen arbeiten, die ich verhaltensoriginell nenne, existiert nun seit 30 Jahren.“ Es gebe dort keinen Chef, alle Beschlüsse würden vom Team gemeinsam gefasst. „Bis wir eine Struktur gefunden hatten, die ohne Hierarchie auskommt, mussten wir einige Konflikte aushalten“, erzählt Metz, der inzwischen in einer Zweigstelle des Werkhofs in Eberstadt arbeitet.
Seine Kunst schaffe einen Zugang zu den jungen Menschen, die aus einem schwierigen Umfeld stammten, und bei verschiedenen Problemlösungen Unterstützung benötigten. Das künstlerische Schaffen fließe in die Arbeit mit den Jugendlichen ein, zudem berühre der handwerkliche Teil deren Ausbildung zum Industriemechaniker. Sein einstiger Traum vom Aussteigen, der auch aus der empfundenen Enge des pfälzischen Heimatdorfs herrührte, erfüllte sich zwar nicht. Dafür kann Hannes Metz heute aus einem reichen Fundus an Erfahrungen, Erlebnissen, persönlicher und künstlerischer Entwicklung schöpfen, aus der nun eine Retrospektive entstand. „Diese Rückschau habe ich mir selbst und all meinen Wegbegleitern zu meinem 60. Geburtstag geschenkt“, sagt der Roßdorfer Künstler. (Melanie Schweinfurth)
Ein Beitrag von Melanie Schweinfurth für das Buch “Vielfalt hat Gesichter - Menschen in Darmstadt-Dieburg”, Hrsg. LAG im Standortmarkteting Darmstadt-Dieburg e.V., 2. Auflage 2017, ISBN 978-3-00-052844-6
Hannes Metz - Objekte und Design
Schulgasse 14, 64380 Roßdorf
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