Carlos Pereira: Einst Rucksacktourist, heute Gastronom
Am Darmstädter Schloss 1, 64823 Groß-Umstadt
Carlos Pereira ist viel herumgekommen in der Welt. Oft als fröhlicher Rucksacktourist, der in seiner Freizeit neugierig ist auf fremde Länder, andere Sprachen und Gebräuche, interessante Menschen und faszinierende Orte. Ebenso war er aber auch unfreiwillig auf Reisen.
Als er an diesem Vormittag davon erzählt, wie er von Portugal nach Deutschland kam, benutzt er sogar einmal das Wort „Flucht“.
Als Carlos Pereira 1970 nach Groß-Umstadt kam, war es bereits die zweite große Reise im Leben des jungen Mannes. „Meine Familie war schon einmal vor der Diktatur und Salazars faschistischer Regierung geflohen“, erzählt er. „Die ersten acht Lebensjahre habe ich in Brasilien verbracht, wo mein Vater als Chemiker arbeitete. Als ein naher Verwandter in Portugal krank wurde, sind wir zurückgekehrt.“ Doch bald wurde die Lage dort erneut zu unsicher. „Ich war 14 Jahre alt und hätte bald zum Militär gemusst. Das Land brauchte Soldaten, um sie in die portugiesischen Kolonien zu schicken, wo die Menschen für ihre Unabhängigkeit kämpften. Ich hatte schon damals einen starken Widerwillen gegen Waffen. Auch wollten unsere Eltern verhindern, dass ihre Söhne als Soldaten in die Kolonien gehen.“
So kamen Pereiras Eltern als Gastarbeiter nach Deutschland und fanden, wie viele Portugiesen vor ihnen, sofort eine Anstellung. Auch Carlos Pereira begann schon früh zu arbeiten, half neben der Schule Bauern auf dem Feld und bei der Ernte. „Ich mochte meine Arbeit immer sehr – egal, ob als Junge auf den Bauernhöfen oder später in den großen Firmen der Region. Zu arbeiten hieß für mich immer, Neues zu lernen, Herausforderungen zu meistern und meine Neugier zu stillen. Ich wollte nie bloß Aufgaben abhaken und dann Feierabend machen.“
Beim Wort „Feierabend“ muss der Siebenundfünfzigjährige schmunzeln: „Ich habe oft kein Ende gefunden, ging morgens früh aus dem Haus und kam abends spät wieder.“ Das galt vor allem für die Zeit, in der Pereira das Kutscherhaus sanierte und zu einer der beliebtesten Gaststätten Groß-Umstadts umgestaltete. Das einstige Kutschendepot des Darmstädter Schlosses glich bis Anfang der 1990er Jahre einer Ruine. Eineinhalb Jahre dauerten die Sanierungs- und Umbauarbeiten – jede freie Minute steckte Carlos Pereira in das baufällige Haus. Er sah darin jedoch nicht nur viel Arbeit, sondern auch die Chance, sich einen lang gehegten Traum zu erfüllen.
„Eine kleine Taverne im portugiesischen Stil schwebte mir schon längere Zeit vor“, erzählt er. „Eine Zeitlang bin ich mit einem 2CV durch Europa gereist, habe dort Halt gemacht, wo es mir gefiel. Bei den Menschen, die ich an den verschiedenen Orten kennengelernt hatte, gab es immer einen freien Platz am Tisch. Wir haben zusammen gegessen, getrunken, gefeiert. Daraus entstand der Gedanke, eine kleine Gaststätte zu betreiben, in der eine so offene, freundschaftliche Atmosphäre herrscht, wie ich sie auf meinen Reisen erlebt habe.“ Mit dem Musiker und Kulturschaffenden Paul Wucherpfennig schuf er zunächst unter dem Namen „Le Camp“ in einem der Gewölbekeller am Groß-Umstädter Marktplatz einen Treffpunkt für Freunde von Kleinkunst und Live-Musik. „Der Keller war an den Wochenenden und zu besonderen Anlässen geöffnet. So hatte ich es auch mit der Gaststätte vor.“ Doch das Kutscherhaus war vom Eröffnungstag an eine Erfolgsgeschichte, die noch heute – zwanzig Jahre später – fortgeschrieben wird. Pereira wurde zum Gastwirt und nahm zudem weitere ungewöhnliche Bauprojekte in Angriff. Zuletzt das Darmstädter Schloss, das er aufwendig sanierte und in dem heute das evangelische Dekanat Vorderer Odenwald sein Domizil hat.
An eine Rückkehr nach Portugal dachte er da schon lange nicht mehr, obwohl sich nach der Nelkenrevolution im Jahr 1974 die politische und gesellschaftliche Situation in seinem Geburtsland verändert habe. Aus der Diktatur wurde Demokratie, Frieden kehrte ein. Seine Eltern gingen nach Portugal zurück – Carlos Pereira blieb und bereicherte das kulturelle Leben in Groß-Umstadt mit verschiedenen, vor allem musikalischen, Projekten. „Ich habe immer gern Musik gemacht. Mein erstes Instrument war die Gitarre, später kamen Percussion und Bass dazu.“ Er sei nie ein herausragendes musikalisches Talent gewesen, sagt Pereira und erzählt lachend: „Meine Gitarrenlehrerin hat nach dem Unterricht manchmal den Kopf geschüttelt und sich gewundert, warum wir so beliebt waren. Ich glaube, es lag daran, dass wir einfach große Freude an der Musik hatten. Das hat sich auf unser Publikum übertragen.“
„Wir“ – das waren verschiedene Musikgruppen, in denen Carlos Pereira mitwirkte. Mit den „Arautos“, was frei übersetzt „Botschafter“ bedeutet, tourte er durch ganz Süddeutschland. „Wir haben uns als Botschafter der guten Laune und fröhlichen Stimmung verstanden“, erzählt er. Noch heute ist die Gruppe unterwegs, gibt Benefizkonzerte zugunsten brasilianischer Straßenkinder. Zusammen mit einigen der über 1.000 in Groß-Umstadt lebenden Portugiesen lieferte er die Idee für das Johannisfest, das im Norden Portugals traditionell in der Nacht vom 23. auf den 24. Juni gefeiert wird.
„Ursprünglich war das Fest eine kleine Veranstaltung mit eher privatem Charakter etwas außerhalb der Kernstadt“, erinnert sich Pereira. Später übernahm Groß-Umstadt die Idee, machte aus der einstigen „Privatveranstaltung“ ein mehrtägiges Stadtfest mit Folklore, Musik und landestypischem Essen, zu dem stets auch Gäste aus der portugiesischen Partnerstadt Santo Tirso kamen. Nicht wegzudenken ist er aus der Band „Los Veteranos“, der er seit fast vierzig Jahren angehört. Die Gruppe begann als „Big round city stompers“ – mit fortschreitendem Alter der Bandmitglieder benannte sie sich in Los Veteranos um. Von Winzerfest bis Weihnachtsmarkt gibt es in Groß-Umstadt keine Veranstaltung ohne die musikalischen Veteranen und ihre unverwechselbaren Mundart-Songs.
„Ich glaube, wir sind schon irgendwie Kult“, sagt Carlos Pereira, etwas nachdenklich über seinen eigenen Status als Kultfigur. Denn auch wenn er inzwischen Geschäftsmann sei, habe er stets noch etwas anderes als den wirtschaftlichen Erfolg im Blick gehabt. „Als meine Familie in Groß-Umstadt ankam, haben wir viel Gastfreundschaft erlebt. Den Menschen an meinem neuen Heimatort möchte ich ebenso Lebensfreude und Gastlichkeit schenken.“ (Melanie Schweinfurth)
Ein Beitrag von Melanie Schweinfurth für das Buch “Vielfalt hat Gesichter - Menschen in Darmstadt-Dieburg”, Hrsg. LAG im Standortmarkteting Darmstadt-Dieburg e.V., 2. Auflage 2017, ISBN 978-3-00-052844-6
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